Mittwoch, 24. Juni 2009

Schöne neue Welt

Miranda aus dem 5. Akt von Shakespeares Drama The Tempest:
"O Wunder! Was gibt's für herrliche Geschöpfe hier! Wie schön der Mensch ist! Schöne neue Welt, die solche Bürger trägt!"

In seinem Roman "Schöne neue Welt", aus dem Jahr 1932, beschreibt Aldous Huxley eine zukünftige Welt, in der es gelungen ist, mit Hilfe von Konditionierung und Indoktrination eine perfekt funktionierende Gesellschaft zu erschaffen.

Die Regierungen formten eine Weltregierung. Der Roman spielt in einer Zeit, in der sich der Weltstaat vollständig etabliert hat und fast alle Menschen auf der Erde unter seiner Kontrolle stehen. Es herrscht ein Totalitäres, jedoch nicht gewalttätiges politisches System.

[Journalisten und Insider sprechen seit einiger Zeit von einem real existierenden globalen Polizeistaat, und der Papst forderte kürzlich die Installation einer Weltregierung, was er wohl kaum getan hätte, gäbe es die nicht schon im Hintergrund.]

Eine „primitive“ Kultur wird in einem kleinen isolierten Reservat von der Weltregierung geduldet. Die Menschen im Reservat leben in einer traditionellen Stammeskultur, die natürliche Lebensvorgänge wie Geburt, Krankheit und Altern einschließt

[Der angeblich letzte sozialistische Staat Kuba darf oder muss noch archaisch leben].

Alle Mitglieder der Gesellschaft in der schönen neuen Welt haben eine vorbestimmte Aufgabe
[der allgegenwärtige, von allsehenden Augen und verborgenen Händen erzeugte - also von "Alphas" gemachte - Determinismus für alle, die nicht zu den Alphas gehören].

Die Menschen werden in einer Art Massenproduktion im Labor künstlich „gezüchtet“ und durch Konditionierung auf ihre Rolle vorbereitet. Die Menschen werden in Reproduktions-Fabriken je nach wirtschaftlichem Bedarf in fünf Kasten (Alphas, Betas, Gammas, Deltas oder Epsilons) produziert. Damit keine Menschen mehr auf natürliche Weise gezeugt und geboren werden und der Staat nicht die Kontrolle über Anzahl und Ausprägung seiner Bürger verliert, werden die Menschen konditioniert, natürliche Empfängnis und Elternschaft als etwas Unanständiges aus barbarischen Zeiten zu betrachten
[wie beispielsweise auch: Körperbehaarung ist igitt und äffisch; wer nicht glatt aussieht wie eine Plastikpuppe gilt als Dino, also zum Aussterben verdammt].

Zusätzlich werden die meisten Frauen sterilisiert, die wenigen fruchtbaren Frauen nehmen nach einem festen Ritual Verhütungsmittel ein. Bei der Produktion von Kindern, also neuen Bürgern, wird die Entwicklung der Embryonen je nach der Klasse, der das Kind zugehören soll, gesteuert. Der Herstellungsvorgang besteht aus zwei unterschiedlichen Verfahren für die beiden oberen und die drei unteren Kasten. Im sogenannten Bokanowski-Verfahren wird eine befruchtete Eizelle zur Teilung angeregt, aus der 8 bis 96 Embryos entstehen. Hierbei entwickeln sich Klone, identische Menschen, welche allerdings unterentwickelt sind und sich zu „Gammas“, „Deltas“ und „Epsilons“ entwickeln

[wohl jeder kennt die Dokufilm-Sequenz, in der eine Hohlnadel in eine kugelförmige menschliche Eizelle gestochen und daraus Zellinneres abgesaugt wird, angeblich nur um die Eizelle auf mögliche Gen-Fehler zu untersuchen]. ´
Zukünftigen Mitgliedern niederer Kasten werden zudem gezielt schädliche Substanzen wie Alkohol verabreicht und Sauerstoff entzogen, um ihre Entwicklung zu hemmen und ihre Intelligenz niedrig zu halten. Alphas und Betas entstehen dagegen aus einer ungeteilten Eizelle, sie sind Individuen. Sie werden mit für die Entwicklung wichtigen Substanzen und Impfungen versorgt.

Nach der Geburt werden die Menschen ihrer „Produktionsklasse“ entsprechend konditioniert. Diese Konditionierung beinhaltet als grundlegende Lektionen für alle Kasten:

* Man ist glücklich zu seiner Kaste zu gehören und keiner anderen.
* Alle Klassen sind unverzichtbar für die Gemeinschaft.
* Man kann nur in der Gemeinschaft glücklich sein, Einsamkeit ist etwas Schlechtes
[diese Propaganda läuft ja massiv mehr oder weniger offen in allen Leit- und Massenmedien: Eigenbrötler, Einzelgänger werden negativ dargestellt].

Die Konditionierung findet durch zwei Methoden statt: Einerseits über die Belohnung bzw. Bestrafung von Handlungen
[siehe dazu den Post], andererseits über das Abspielen von Tonbändern mit einfachen, eingängigen Botschaften während des Schlafs der Kinder und Jugendlichen, die „Schlafschule“ [siehe Post "Die Stimme aus deinem Kopfkissen ist weder Geist noch Hirngespinnst"].
Sie stabilisiert die Gesellschaft, indem sie garantiert, dass alle Menschen mit dem System zufrieden sind. Das so vermittelte gemeinsame, einheitliche Weltbild lässt das Individuum ganz in der Gesellschaft aufgehen, nur dort fühlt es sich geborgen
[das geschieht nicht nur durch die mediale Diffamierung von Einzelgängern und Eigenbrötlern, sondern auch indem gewollt die rechtstaatlichen, demokratischen Institutionen zu blossen Attrappen gemacht werden und somit der Einzelne sich nicht wirksam auf seine formalen Rechte berufen kann, sondern nur in einer Gruppe, die Druck machen kann, oder nur durch teure Inanspruchnahme von Experten, eine Chance hat zu seinem Recht zu kommen. Quasi Filz, Vermassung und Bevormundung, statt Individualismus, Demokratie und Eigenständigkeit].

Die gesellschaftlichen Normen fordern von den Bürgern mit kontinuierlich wechselnden Partnern zahlreiche sexuelle Kontakte, die ausschließlich dem Vergnügen dienen sollen

[Huxley kannte offenbar nicht den krankhaften Sexualneid und faschistoiden Konkurrenztrieb der Deutschen. Zwischen oberflächlichem Sex und aus Sexualneid sabotiertem echten Sex anderer Leute bleibt da nicht mehr viel Raum. Darum wohl auch sterben die Deutschen - zu Recht und zum Glück - aus!].

Liebe und emotionale Leidenschaft gefährden nach Meinung der Weltregierung die Stabilität
[denn aus Liebe kann Hass werden, und weil Hass verboten ist, darf es auch keine echte Liebe geben. "Romantik ist Bullshit" wird darum von der Bühne geblökt].

Kunst und Literatur sind durch das „Fühlkino“ ersetzt, in dem auch körperliches Empfinden dem Zuschauer physiologisch übertragen wird

[die immer echtere Simulation von Wirklichkeit ersetzt immer mehr die Wirklichkeit].
Der Handlungsverlauf der gezeigten Stücke ist allerdings ohne tiefere Bedeutung, da aufgrund der emotionalen Verarmung der Menschen die Grundlage für einen anspruchsvollen Inhalt fehlt. Die Geschichten sind daher trivial und gleichförmig auf Action und Erotik ausgelegt.
Um größere Gefühlsschwankungen zu vermeiden, die zu negativen Verstimmungen führen können, nehmen die Menschen regelmäßig Soma ein, eine Droge, die stimmungsaufhellend und anregend wirkt und auch als Aphrodisiakum verwendet wird
[wir haben als allgegenwärtige Alltags-Wohlfühl- und Stimulanzdroge Fernsehen und Radio].

Bildung beschränkt sich auf eine pragmatische, für die Gemeinschaft nützliche Wissensvermittlung. Humanistische Bildung ist gesellschaftlich nicht gewünscht, da sie den Menschen zum Nachdenken anregt und ihm eine kritischere Sicht auf die Welt ermöglicht [siehe Post "Nachdenken"].

Da es nicht im Interesse der Allgemeinheit ist, den Menschen für die Defekte dieser Gesellschaft zu sensibilisieren, wird jede Bildung, die sich auf kulturelle Überlieferung stützt, unterdrückt

[aktuelle Beispiele: Der zerstörerische Brand in der antiken Anna Amalia Bibliothek und der Einsturz des historischen Kölner Stadtarchivs].
„Geschichte ist Mumpitz“ lautet einer der Leitsätze der Weltregierung.

Die offizielle Propaganda über die schlechten Zustände in der „alten Welt“ ist für die allermeisten Bürger die einzige Geschichtskenntnis
[darin überschlagen sich unsere Medien gradezu: wie schlecht es früher allgemein war und noch heute im Ausland ist].

Auch der technische Fortschritt wird eingeschränkt, um die Stabilität der Gesellschaft nicht zu gefährden

[genauer gesagt wird der allgemeine Zugang zu den wirklich nützlichen Ergebnissen wissenschaftlichen Fortschritts eingeschränkt (Beispiel: Thermografie als Diagnoseinstrument in der Medizin). Unbedeutenden Mist bekommen wir hingegen immer up-to-date geliefert].
So werden z. B. arbeitssparende Erfindungen ignoriert bzw. verboten, da Arbeitslosigkeit, selbst bei materiellem Wohlstand, zu Unzufriedenheit führt
[auch ein Lieblingsthema unserer Medien: das wichtige Gefühl bei Lohnsklaven, von Arbeitgebern und der Gesellschaft gebraucht zu werden.

Quelle der Buchzitate: Wikipedia