Samstag, 31. Juli 2010

Vorsicht: Falscher Sozialismus

Wir erleben ja seit einiger Zeit eine Krise des Kapitalismus und folglich auch eine Renaissance sozialistischer Liebäugeleien und Bestrebungen. Erstaunlich ist, dass etliche dieser revolutionären und vermeintlich sozialistischen Anwandlungen aus dem Dunstkreis der Macht selber kommen. So begrüsst beispielsweise der eine oder andere TV-Kabarettist es mehr oder weniger deutlich, wenn gärender Unmut der Unterprivilegierten sich in Wut Bahn bricht. Auch manche prominente Webpräsenz publiziert und nachdenkt angbeblich für mehr Sozialismus. Aber ist das wirklich mehr Gerechtigkeit, Demokratie und Sozialismus, wofür sich diese Promis scheinbar ungehindert einsetzen? Die Macher der Nachdenkseiten und Kabarettist Georg Schramm stacheln im Namen des Sozialismus andere dazu an sich im Konflikt mit dem System eine blutige Nase zu holen, sitzen selber aber finanziell und informationell vom Machtsystem gut versorgt in ihren Eigenheimen und riskieren nichts. Können solche prominenten Ritter des Wortes glaubwürdig sein, wenn sie nicht auch mit entsprechenden Taten von sich reden machen? Es ist das gleiche Problem wie mit der Linkspartei: Viel reden und viel fordern, aber das dicke Geld dieser Salon-Sozialisten dient nur der Mehrung ihres eigenen Wohlstands, und wird nicht eingesetzt für die konkrete Umsetzung dessen was diese selbsternannten Sozialisten fordern.

Was aber wäre richtiger Sozialismus und was sind richtige Sozialisten? Sozial, das hat was mit den Menschen, der Bevölkerung zu tun; und weil je höher der Mensch kommt er desto mehr zum Funktionsträger und also weniger Mensch wird, darum hat das Soziale und der Mensch ganz besonders mit der sog Unterschicht, mit den einfachen Menschen zu tun.
Wahre Sozialisten setzen sich also dafür ein, dass der Mensch an sich zur Geltung kommt. Also geht es primär auch darum, die Menschen an Entscheidungen und Kontrollen über das was in der Gesellschaft und in den Machtschichten passiert zu beteiligen. Sozialismus und wahre Demokratie sind also eins. Echte Demokratie ist Sozialismus, und Sozialismus ist gelebte Demokratie. Wahre Sozialisten setzen sich also für echte Demokratie ein. Wahre, sozialistische Demokratie ist, wenn jede grosse Organisation, ob Behörde, Staatsbetrieb oder Firma und Konzern, ein eigenes Parlament oder einen Rat aus frei gewählten Kunden, Verbrauchern und anderen Betroffenen beigeordnet bekommt, das oder der den Betrieb kontrolliert und überwacht, Beschwerden und Kritik von Betroffenen nachgeht und mit umfassenden Rechten und Kompetenzen ausgerüstet ist. Ein bisschen wie ein Betriebsrat, nur eben von der Kundenseite. Dann gehört also zur Polizei ein Bürgerrat aus von der Bevölkerung gewählten Leuten, die die Polizeiarbeit aus ziviler Bürgersicht kontrolliert und Beschwerden nachgeht. Ebenso gehört zu jeder Klinik, jedem Krankenhaus, jeder Krankenkasse, zur Bahn und zurTelekom ein Bürgerrat, der diese Betriebe oder Branche überwacht und in Fragen der Geschäftspolitik berät oder sogar mitentscheidet. Dann wäre das aktuelle Problem Stuttgart21 vielleicht nie über die Phase einer konkreten Idee hinausgekommen und die Spitzelaffären bei Telekom und Bahn wären womöglich früher aufgedeckt worden oder gar nicht erst entstanden, weil beispielsweise ein Bahn-Rat weniger profilierungssüchtig wäre als es ein Korruptionsbeauftragter ist, der zuvor Staatsanwalt war und nun unbedingt spektakuläre Erfolge vorweisen will, wohingegen ein Rat aus gewählten Bürgern ganz solide und unspektakulär die Prinzipien von Transparency International angewendet hätte und damit ohne Spitzelei und geheimdienstähnlicher Überwachung Korruption bei der Bahn verhindert hätte.

Hingegen erleben wir nun von Seiten der Macht aber aus vermeintlich sozialistischer Warte das Bestreben zu angeblich mehr Sozialismus. Aber Sozialismus ist nicht wenn alle Betriebe verstaatlicht sind und der Staat der Alleinunternehmer ist, und mit dem durch solchen Zentralismus gesparten Geld auch für soziale Belange etwas abfällt - das ist Staatsmonopolkapitalismus. Denn es scheint so zu sein, dass man ein joviales, paternalistisches System installieren will, also uns dem weiterhin unmündigen Volk ein System vorsetzen will, das zwar mit sozialerem Anstrich daher kommt, aber letztlich die gleiche entmündigende staatliche Benutzeroberfläche wie momentan beibehält, und darum am Ende ein sog. Polizei-Sozialismus sein wird. Wobei Staat modernerweise nichtmehr den Nationalstaat meint, sondern ein globales Machtsystem von typischer Weise staatlichen Organisationen, also aus Geheimdiensten, Polizei, Justiz, Medien und Medizin, welche global vernetzt die globale Wirtschaft kontrollieren und lenken, die damit quasi verstaatlicht ist, aber das Ganze ist dennoch kein Sozialismus, sondern ein globaler, staatsmonopolkapitalistischer Faschismus mit sozialem Anstrich.