Mittwoch, 2. März 2011

Die Mafia-Verarsche im deutschen Fernsehen

Neulich wieder der Reportagefilm "Von Kamen nach Corleone" im TV. Eine niedliche Blondine, Eva Reski, wird durch die Szenen geschoben, man sieht sie mit Sonnenbrille und Handy am Ohr an unterschiedlichen Orten, ein paar italienische Sprachfetzen, mit diversen Leuten zum Interview, hört sie aber so gut wie nie direkt im Gespräch eine Frage oder Zwischenfrage stellen (nix mit "HardTalk"); statt dessen zeigt man aber ausführlich wie sie mit einem Gesprächspartner eine Melone isst.
Immer wieder wird im Film betont, die Mafia sei auch in Deutschland sehr aktiv, was aber einfach nicht von der Bevölkerung und der Politik wahrgenommen werde, und nennt immer wieder als dramatisches Fanal die Erschiessung einiger Clan-Mitglieder in Duisburg vor paar Jahren. Die wohl mitlerweile aufgeklärte Tat von Duisburg kann man aber auch einfach nur als eine Art Familienfehde und -tragödie auffassen. Davon gibt es hier zu Lande aber auch unter Deutschen nicht wenige.

Als politisch oder gesellschaftlich brisant halte ich hingegen andere Taten für viel beunruhigender. Wie etwa die mit bemerkenswerter Perfektion ausgeführte Mordserie an ausländischen, wohl meist türkischen Kleinunternehmern in ganz Deutschland, von Bayern bis Mecklenburg, über viele Jahre. Diese Morde sind bis heute nicht aufgeklärt und es gibt auch keine erkennbaren Motive. Ebenso der Bombenanschlag vor Jahren in Düsseldorf, bei dem zahlreiche junge Russlanddeutsche umkamen. Man kennt die Motive nicht und hat keine Ahnung über den oder die Täter. DIESE Morde finde ich wirklich brisant und beunruhigend, weniger hingegen die Morde unter ein paar Mafia-Clanmitgliedern.

Der Mafia-Film ist eine Inszenierung. Die attraktiv zurecht drapierte Blondine Eva Reski soll offenbar nicht nur italienische Gesprächspartner blind für die Wahrheit machen, sondern auch die deutschen Fernsehzuschauer. Frau Reski erzählt, in den 70er Jahren hätte die Mafia in Deutschland mit Pizzerien angefangen und dann ihre Geschäftsfelder schnell ausgeweitet. Welche das sind, erfährt man nicht. Statt dessen werden italienische Mafiaverstecke gezeigt, Begegnungen von Mafiagrössen in einem katholischen Wallfahrtsort, und natürlich Mafiajäger mit ihren obligatorischen Personenschützern mit gezogener Waffe.
Nahe liegende Fragen, wie etwa, in welchen Geschäftsbereichen die Mafia in Deutschland aktiv ist (Gesundheitswesen, Organ- und Gewebehandel, gefälschte Arzneien, Glücksspiel, Musik- und Showbranche (ich sage nur Frank Sinatra), Medien, Politik, Sicherheitsbereich?) und nach welchen Kriterien die Mafia ihre Tätigkeitsbereiche auswählt, ob nur Italiener in Deutschland hier zur Mafia gehören oder ob auch Deutsche und andere Nationalitäten dabei sind, wie tief die Mafia auch in Deutschland bereits Teil der Behörden und anderer Institutionen ist, wird nicht gefragt und folglich auch nicht beantwortet. So bleibt der Film blosse Stimmungsmache - und soll wohl den Boden bereiten für noch mehr Eingriffsrechte der Behörden.

Die Mafia entstand in der Zeit der Feudalherrschaft in Sizilien und hatte die Aufgabe, den Besitz der nicht ortsansässigen Grundbesitzer zu schützen. Im 19. Jahrhundert war die Mafia ein Netz verbrecherischer Banden geworden, die in Sizilien das Land beherrschten. Quelle: Microsoft Encarta Enzyklopädie 2000

Also quasi eine Art Security- bzw Wach- und Schliessgesellschaft, die den Besitz und die Reichtümer der Oberschicht schützt, und im Laufe der Zeit immer krimineller wird. Wenn man dieses Prinzip in die Gegenwart verlängert, also sich überlegt, welche heutigen Berufsgruppen daran mitwirken könnten, die Reichtümer und den Besitz heutiger Plutokraten zu schützen und zu mehren, dann schliesst das modernerweise die Polizei, die Geheimdienste, die Justiz, die Politik, die Medien, und sogar die Medizin mit ein. Alle diese Berufsgruppen können daran mitwirken, Unterschichtler unten zu halten, sozialistische oder auch nur soziale Anwandlungen im Keim zu ersticken, Aufrührer und Aufwiegler kalt zu stellen, und Oberschichtler zu hätscheln, zu päppeln und sie und ihren Besitz zu schützen und zu vermehren.
Eine solche moderne Mafia hat natürlich ein Interesse daran, dass die Bevölkerung bei Mafia nur an Italien und Italiener denkt, und sie möchte sicher auch die eigenen Machtmöglichkeiten erweitern und legalisieren, wie beispielsweise die Überwachungsmöglichkeiten und Einziehung von Privat-Vermögen nur bei Verdacht. Wie praktisch: Die Mafia in den Behörden bedient sich der Gesetze, um unter den Augen der Öffentlichkeit die Vermögen anderer sich selbst einzuverleiben: Der grosse Wolf beisst den kleinen Wolf (damit der sich unterordnet und gemeinsame Sache macht) - und die Schafe blöken Beifall.